
Nein sagen
Heute Morgen in der Bäckerei
Ein kleines Mädchen, etwa vier Jahre alt, steht mit seiner Mama vor der Auslage in der Bäckerei. Genau auf Augenhöhe der Kleinen liegen diese Spitzbuben mit „Bienenmuster“. Sie fragt:
„Mami, bitte noch so eines kaufen?“
Die Mama antwortet knapp: „Nein.“
Das Mädchen versucht es weiter: „Doch. Doch. Doch. Doch.“ (freundlich, aber bestimmt 😊) „Mama, bitte so eines kaufen.“
Die Mama bleibt bei ihrem Nein: „Nein, heute Nachmittag gibt es bei Nonna noch Süsses. Jetzt brauchen wir nichts Süsses. Du magst Süsses ja sowieso nicht.“
Das Mädchen widerspricht: „Doch Mama, ich esse es ganz sicher.“
Doch die Mama bleibt bei ihrer Entscheidung: „Nein.“
Das Mädchen schaut sich weiter um und entdeckt eine Getränkeflasche in der Auslage. „Mama, bitte so eines kaufen.“
Die Mama sagt zuerst wieder „Nein“, schaut dann genauer hin und meint: „Also gut, so eines können wir ja kaufen.“
Es gab kein Geschrei und kein Gezeter. Aber das Mädchen hat anstelle des Spitzbuben etwas anderes kaufen wollen. Ich vermute, um ihre Enttäuschung zu regulieren, hat sie versucht, mit einem anderen Wunsch erfolgreich zu sein.
Warum fällt es uns so schwer, Nein zu sagen?
Im Alltag mit unseren Kindern gibt es unzählige Situationen, in denen wir Nein sagen wollen oder müssen. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass wir unsere Kinder damit enttäuschen. Und genau das können wir Eltern oft kaum ertragen.
Doch wie schaffen wir es, Nein zu sagen, ohne dass die Enttäuschung allzu gross ist?
Ganz einfach:
➡️ Nimm dein Kind mit seinem Wunsch oder Bedürfnis erstmal ernst.
➡️ Bevor du Nein sagst, gehe auf seinen Wunsch ein und zeige Verständnis.
➡️ Dann kannst du dein Nein aussprechen und gleichzeitig erklären, warum du Nein sagst.
Dabei ist wichtig: Sprich von DIR, anstatt allgemeine Begründungen zu geben.
Beispiel aus der Bäckerei
Die Reaktion der Mama heute Morgen war kurz und bündig: „Nein.“
Das Mädchen hat weiterhin darauf bestanden, diesen Spitzbuben zu bekommen. Die Erklärung, dass es am Nachmittag bei Nonna noch Süsses geben wird, hat nicht geholfen.
Hilfreich wäre gewesen:
„Gefallen dir diese Spitzbuben vor allem wegen der Biene darauf? Oder wegen der gelben Konfitüre?
Ich verstehe, dass du jetzt Lust darauf hast. Sie sehen wirklich sehr lecker aus. Ich möchte aber jetzt keinen Spitzbuben kaufen, weil wir am Nachmittag bei Nonna etwas Süsses bekommen werden.“
Durch dieses Ernstnehmen und Verständnis zeigen fühlt sich das Kind gehört und verstanden. Es kann das Nein viel besser akzeptieren. Denn es weiss, sein Wunsch ist nicht falsch. Es liegt nicht an ihm, dass es den Spitzbuben nicht bekommt, sondern daran, dass Mama jetzt keinen kaufen möchte.
Probiere es aus
✔️ Versuche, immer zuerst auf die Wünsche deiner Kinder einzugehen, indem du empathisch nachfragend vermutest, warum dein Kind diesen Wunsch hat (vermeide offene „Warum-Fragen“).
✔️ Zeige Verständnis und nimm dein Kind ernst, bevor du Nein sagst.
So wird dein Nein viel besser akzeptiert.
🔑 Wichtig: Das Ernstnehmen muss echt und authentisch sein. Dein Kind spürt, wenn du nicht wirklich Verständnis hast, und wird dann nicht loslassen.
Und übrigens:
Damit du nachvollziehen kannst, wie wichtig dieses Ernstnehmen und Verständniszeigen für dein Kind ist, überlege dir einmal, wie es dir selbst geht, wenn du deinen Partner oder deine Partnerin um etwas bittest.
Wenn er oder sie dir erstmal Verständnis zeigt für deinen Wunsch und dich mit deinem Anliegen ernst nimmt, dann kannst du ein Nein viel leichter akzeptieren, oder?
Du fühlst dich gesehen und verstanden – auch wenn du nicht bekommst, was du dir wünschst.
Genau so geht es auch deinem Kind. ❤️